Chronische Erkrankungen
Chronische Erkrankungen können heimtückisch sein: Sie wirken sich nicht nur auf uns selbst als Erkrankte/n, sondern auch auf unsere Familie und unser gesamtes soziales Umfeld aus und können damit einen Großteil unseres Lebens überschatten. Kontrollierbarkeit, Einflussnahme oder das Recht auf Selbstbestimmung über unser Leben drohen von einer Erkrankung aus den Angeln gehoben zu werden oder sind es bereits.
Die Beratung soll dabei darauf abzielen, Gefühlen wie Leid, Frustration, Ärger oder Resignation zunächst einen geeigneten Platz zu geben und zu würdigen. In einem späteren Schritt kann der Fokus darauf gelegt werden, Ressourcen zu aktivieren und mögliche Faktoren der Einflussnahme zu eroieren. Aber auch die Krankheitsakzeptanz, d.h. die Erkrankung als Teil des eigenen Lebens anzunehmen und sich möglicherweise von bestimmten Vorstellungen zu verabschieden, spielt in der Beratung eine wichtige Rolle, um wieder mehr Lebensqualität und Zufriedenheit zu gewinnen.
Diabetes
Mit Diabetes kenne ich mich neben beruflichen aus persönlichen Gründen näher aus. Ich arbeite schon seit vielen Jahre in der Diabetesambulanz einer Kinderklinik (Näheres unter der Rubrik "Über mich"). Dort unterstütze ich Familien darin, mit der Diagnose Diabetes in ihrem Alltag zurecht zu kommen. Krankheitsakzeptanz ist dabei ein wichtiges Element, um mit dem Diabetes gut umgehen zu können.
Mein Sohn hat Diabetes Typ 1 als Säugling bekommen. Ich befand mich also plötzlich "auf der anderen Seite des Tisches" und habe seitdem viel dazu gelernt - nicht nur als Mama, sondern auch als eifrige Verfolgerin der technisch neuesten Errungenschaften auf dem Diabetesmarkt.
In der Beratung können wir auch eine mögliche Angst vor dem Insulin-Spritzen (Spitzenphobie) bearbeiten.
Chronische Kopf- und Bauchschmerzen
Eine Sonderstellung chronischer Erkrankungen nehmen chronische Schmerzen ein. Gerade Bauch- und Kopfschmerzen treten im Kindes- und Jugendalter häufig auf. Sie führen zu Fehlzeiten in der Schule oder zu Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten und erfordern spezifische Unterstützung.
An dieser Stelle sei betont, dass es keine eingebildeten Schmerzen gibt, auch wenn kein für alle "sichtbarer" medizinischer Befund besteht. Das Schmerzerleben ernst zu nehmen und in seiner Vielschichtigkeit zu sehen, ist ein wichtiger Teil der Beratung.
Nicht nur Entspannungsmethoden und andere eher verhaltenstherapeutisch orientierten Maßnahmen zur Schmerzreduktion können zum Einsatz kommen. Ebenso können wir den individuellen Teufelskreislauf der Schmerzen genauer betrachten und im gemeinsamen Gespräch aus diesem Kreislauf Auswege finden, die für Dich und Sie stimmig sind. Die drei typischen Denkfallen, zitiert nach dem Schmerztherapeuten Michael Dobe (Buchempfehlung s.u.) - "Der Schmerz ist psychisch bedingt" , "Der Schmerz ist organisch bedingt" und "Der Schmerz muss weg, für immer!" - nehmen wir genauer unter die Lupe. Wie das Schmerzerleben im systemischen Kontext eingebunden ist und was genau von wem wie verändert werden kann, hilft den Beteiligten, Schmerzen besser zu verstehen. Ziel ist es, den Schmerzen nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein, sondern selbst und als Familiensystem wieder aktiver zu werden.
Bitte beachten Sie: Bei einer Schmerzsymptomatik ist eine vorherige medizinische Abklärung erforderlich. Ebenso empfiehlt sich neben der systemischen Beratung eine kontinuierliche fachärztliche Begleitung.
Buchempfehlung:
Dobe, M. & Zernikow, B. (6. Aufl., 2021). Rote Karte für den Schmerz. Wie Kinder und Eltern aus dem Teufelskreis chronischer Schmerzen ausbrechen. Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH.
Auszug aus dem Vorwort der Autoren (S. 5): "Viele der in diesem Buch beschriebenen Tricks und Verhaltensweisen sind sehr einfach und erfordern nur ein wenig Mut und Geduld, aber keine aufwändigen Hilfsmittel oder Instrumente – ganz im Gegensatz zu den vielen Untersuchungen, Diagnosen, möglichen (und unmöglichen) Therapiemaßnahmen, denen wohl viele von Euch und Ihnen schon begegnet sind."